Darmspiegelung mit nachfolgender Peritonitis: 250.000,- Euro Schmerzensgeld

Mein im Jahr 1959 geborener Mandant bemerkte im Spätsommer 2007 Blutungen beim Stuhlgang und begab sich mit Überweisung seines Hausarztes im September 2007 in eine Bielefelder Praxis für Coloproktologie. Dort erhielt er für November 2007 einen Termin zur Vornahme einer Darmspiegelung. Dieser diagnostische Eingriff wurde am 14.11.2007 durchgeführt. Infolge dazu kam es zu einer Darmperforation, woraufhin mein Mandant in einem Osnabrücker Krankenhaus notfallmäßig am 23.11.2007 aufgenommen und operiert wurde. Er hatte eine lebensgefährliche Peritonitis entwickelt, erhielt einen künstlichen Darmausgang und befand sich bis zum 29.04.2008 in stationärer Behandlung. In dieser Zeit mussten unter anderem 19 Lavagen des Bauchraums durchgeführt werden; er erhielt 17 Transfusionen mit Erythrozytenkonzentraten und wurde bis Anfang Februar 2008 langzeitbeatmet. In der anschließenden Kurzzeitpflege entwickelte er nach einem septischen Schock eine Bronchopneumonie, weshalb sich wiederum ein stationärer Krankenhausaufenthalt anschloss. Danach fand eine stationäre Rehabilitation statt. Er ist dauerhaft erwerbsunfähig und erhielt einen Grad der Behinderung von 100.

Im August 2009 erhob ich für meinen Mandanten Klage vor dem Landgericht Bielefeld auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 220.000,- Euro zuzüglich weiterer materieller Schäden und Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Parteien hat das Landgericht Bielefeld die Klage abgewiesen, weil keine ärztlichen Behandlungsfehler festzustellen seien und der Patient keine echte Behandlungsalternative gehabt habe. Es könne dahinstehen, ob der Kläger im Rahmen der Risikoaufklärung richtig aufgeklärt worden sei, weil der Einwand der hypothetischen Einwilligung durchgreife (Landgericht Bielefeld, Urteil vom 14.02.2012, 4 O 340/09). Dagegen haben wir Berufung zum Oberlandesgericht Hamm eingelegt, welches nach einer erneuten Beweisaufnahme den Parteien vorschlug, den Rechtsstreit auf Basis einer Abfindungszahlung in Höhe von 250.000,- Euro vergleichsweise zu beenden. Entgegen dem Landgericht Bielefeld ging das Oberlandesgericht Hamm nach Vernehmung der vom Arzt benannten Zeugin (Arzthelferin) nicht von einer ordnungsgemäßen Aufklärung aus. Zudem habe der Kläger einen plausiblen Entscheidungskonflikt vorgetragen (dazu war er in der ersten Instanz angehört worden), womit der Einwand des Arztes, der Kläger hätte auch bei einer –unterstellt – unvollständigen Aufklärung gleichwohl in den Eingriff eingewilligt, entfiel. Der Vergleich kam jedoch nicht zustande, da der beklagte Arzt diesem nicht zustimmte. Daraufhin sprach das Oberlandesgericht Hamm meinem Mandanten mit Urteil vom 03.09.2013 ein Schmerzensgeld in der begehrten Höhe (220.000,- Euro) zuzüglich weiterer materieller Schäden zu und sprach auch aus, dass der Arzt dem Kläger weitere materielle und immaterielle Zukunftsschäden zu ersetzen habe (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 03.09.2013, I-26 U 85/12). Gegen dieses Urteil legte der Arzt die sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe ein. Der Bundesgerichtshof gab der Nichtzulassungsbeschwerde statt und hob im folgenden Revisionsverfahren das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm auf. Eine hypothetische Einwilligung könne nicht auf die erstinstanzliche Anhörung des Patienten gestützt werden, wenn das Berufungsgericht dessen Angaben anders als das Vordergericht würdigen wolle. Deshalb verwies der Bundesgerichtshof die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück (Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.09.2014, VI ZR 443/13).

Nach Zurückverweisung einigte sich mein Mandant mit dem beklagten Arzt auf Zahlung einer Abfindungssumme in Höhe von 250.000,- Euro, sodass der Rechtsstreit einvernehmlich im Jahr 2015 beendet werden konnte (Oberlandesgericht Hamm, I-26 U 85/12).