Fehlbehandlung im Raum Münster:
Euro 62.500,- Abfindungszahlung für nicht erkannten Diabetes mellitus Typ 2

Bei einem vor dem Landgericht Münster geführten Rechtsstreit ging es um folgenden Sachverhalt:

Die vermutete Fehlbehandlung:
Mein im Januar 2010 48 Jahre alter Mandant suchte wegen einer Pilzinfektion im Mund seinen Hausarzt auf, der auch ein Blutbild anfertigte und – was allerdings streitig war – sich melden wollte, wenn sich ein auffälliger Befund ergeben würde. Tatsächlich lag ein pathologischer Blutzuckerwert von 242 mg/dl (Nüchternwert) vor. Der Hausarzt hingegen meldete sich nicht bei ihm und beließ ihn über diesen hohen Blutzuckerwert im Unklaren. Mein Mandant litt in der Folgezeit unter einer Gewichtsabnahme, Muskelschwund, schlechtem Schlaf, schlechtem Appetit, übermäßigem Durst, Sehstörungen und Fußschmerzen. Er konnte nicht mehr in demselben Umfang wie zuvor arbeiten und musste die Renovierung seines Eigenheims hinten anstellen. Im Januar 2014 diagnostizierte ein Neurologe eine diabetische Polyneuropathie.

Erst im November 2013 diagnostizierte ein anderer Arzt die Diabetes-Erkrankung und informierte meinen Mandanten über den erhöhten Zuckerwert (297 mg/dl; HBAC-Wert von 10,7 %). Erst dann wurde eine adäquate Therapie in die Wege geleitet. Wir nahmen den erstbehandelnden Hausarzt auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden in Anspruch, jedoch lehnte die Haftpflichtversicherung eine Schadenregulierung ab.


Der Prozessverlauf vor dem Landgericht Münster:
Im Oktober 2014 reichten wir Klage vor dem Landgericht Münster ein. Der gerichtliche Sachverständige, ein Diabetologe und Facharzt für Innere Medizin, bewertete die unterlassene Unterrichtung des Patienten über den erhöhten Blutzuckerwert von 242 mg/dl als einen groben Behandlungsfehler. Die Unterrichtung hätte zudem die Aufforderung beinhalten müssen, sich unmittelbar oder zumindest zeitnah erneut in ärztliche Behandlung zu begeben, um den Befund des erhöhten Blutzuckers kontrollieren zu lassen und / oder weitere diagnostische und / oder therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Ein solcher ärztlicher Behandlungsfehler des Hausarztes hätte schlechterdings nicht passieren dürfen.

Auf Grundlage der sachverständigen Ausführungen und nach weiterer Beweisaufnahme stellte das Landgericht Münster auf der Schadenfolgeseite fest, dass mein Mandant im Zeitraum von September 2013 bis November 2013 unter zunehmenden Beschwerden wie übermäßigem Durst, Sehstörungen, Gewichtsverlust und Muskelschwund und dem damit einhergehenden Abfall seiner Leistungsfähigkeit litt. Auch bestanden die Symptome nach Einleitung der Behandlung eine Zeit lang fort. Nach dem Beweismaß des § 287 ZPO berücksichtigte das Landgericht Münster die Schadenfolgen bis zirka Mai 2014, somit zirka acht Monate lang und sprach dafür ein Schmerzensgeld in Höhe von Euro 10.000,- zu (Landgericht Münster, Urteil vom 22.06.2016, 108 O 64/14). Weder der Kläger noch der beklagte Hausarzt legten Berufung gegen das Urteil ein, sodass dieses rechtskräftig wurde.


Ergebnis der ärztlichen Fehlbehandlung:
Im Anschluss daran traten wir in Verhandlungen mit der Gegenseite, da mit dem Urteil auch ein Vorbehalt für die Zukunftsschäden erklärt worden war und meinem Mandanten an einer endgültigen Abfindungszahlung gelegen war. Nach mehrwöchigen Verhandlungen einigten wir uns auf eine abschließende Zahlung in Höhe von Euro 62.500,-. Dieser Vergleich kam Anfang November 2016 zustande.