Fehlbehandlung Raum Bielefeld:
Euro 20.000,- Schmerzensgeld für eine nicht erkannte Eröffnung der Kieferhöhle

1. Der medizinische Sachverhalt
In einem vor dem Landgericht Bielefeld geführten Rechtsstreit ging es um folgenden Sachverhalt: Die zu jenem Zeitpunkt 34-jährige Klägerin ließ sich im Oktober 2009 wegen Schmerzen den Zahn 27 (im linken Oberkiefer) extrahieren. Dabei kam es zu einer Eröffnung der Kieferhöhle, einer sog. Mund-Antrum-Verbindung, was dem Zahnarzt, dem späteren Beklagten, jedoch nicht auffiel, weil er keinen Valsalva-Test (sog. Nasen-Blastest) durchführte. Nach der Zahnextraktion verspürte die Patientin einen Druck in der Kieferhöhle, der immer stärker wurde. Kopfschmerzen und Schwindel traten hinzu. Der Zahnarzt überwies sie aber erst Ende Februar 2010 zu einem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der im März 2010 eine Inspektion und Spülung der linken Kieferhöhle mit plastischer Abdeckung vornahm. Da sich in der Zwischenzeit aufgrund der Mund-Antrum-Verbindung jedoch eine chronische Sinusitis maxillaris eingestellt hatte, verblieb es nicht nur bei einem operativen Eingriff. Bis zum Dezember 2012 kam es zu mehrfachen Revisionsoperationen, zudem war die Patientin aufgrund der Schmerzen und des Druckgefühls in der Haushaltsführung eingeschränkt.

2. Der Prozessverlauf vor dem Landgericht Bielefeld
Im März 2014 erhoben wir Klage vor dem Landgericht Bielefeld. Der gerichtliche Sachverständige, selbst Zahnarzt und BdIZ-Gerichtsgutachter, stellte fest, dass der beklagte Zahnarzt es fehlerhaft unterlassen hatte, eine Mund-Antrum-Verbindung im Nachgang zu der Extraktion eines Oberkiefermolaren auszuschließen. Dabei handelte es sich um einen Verstoß gegen elementare Behandlungsregeln, der schlechterdings nicht unterlaufen durfte, mithin um einen Fehler, der in juristischer Hinsicht die Bewertung als grob zuließ. Der gebotene, jedoch nicht durchgeführte Valsalva-Test hätte einen positiven Befund ergeben, was eine sofortige plastische Deckung der Mund-Antrum-Verbindung seitens des beklagten Zahnarztes selbst bedingt hätte oder eine Überweisung zu einem Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen innerhalb der nächsten Stunden als Notfall hätte veranlassen müssen. Die Kieferhöhle ist nämlich bei einer bestehenden Mund-Antrum-Verbindung in der Regel nach 24 Stunden so stark bakteriell infiziert, dass eine therapiepflichtige Fistel mit Eiteraustritt im weiteren Verlauf entstehen kann, wie auch bei der Klägerin geschehen.

Auf Grundlage dieser sachverständigen Ausführungen schlug das Landgericht Bielefeld den Abschluss eines Vergleichs über Euro 20.000,- vor, den beide Seiten annahmen. Im November 2016 war der Rechtsstreit damit einvernehmlich beendet (Landgericht Bielefeld, 4 O 80/14).