€ 14.000,- Schmerzensgeld für 13 Tage Wachkoma

In diesem Fall suchte mich eine Erbengemeinschaft auf, weil der zum damaligen Zeitpunkt 85-jährige Vater in einem Bad Rothenfelder Krankenhaus verstorben war. Dies führte die Erbengemeinschaft auf pflegerische Versäumnisse bei der Nahrungsvergabe zurück. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Patient litt an einer hochgradig eingeschränkten systolischen Links-Ventrikel-Funktion mit Mitralklappeninsuffizienz 1. Grades, einer Trikuspidalklappeninsuffizienz 1. Grades und chronischer absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern mit mäßiger Plaquebildung im Bulbusbereich der Carotiden beidseits. Die Ärzte empfahlen einen Aortenklappenersatz, sodass es im Juni 2008 zu einer stationären Aufnahme in dem Bad Rothenfelder Krankenhaus kam. Im Anschluss an die Operation kam es zu Schluckstörungen, was nicht nur durch die Angehörigen bemerkt und an das pflegerische sowie ärztliche Personal weitergeleitet wurde, sondern insbesondere auch in der Krankendokumentation und einem speziellen Ernährungsplan seinen Niederschlag fand.

Gleichwohl kam es einige Tage nach der Operation zur Gabe fester Nahrung, wobei die näheren Umstände der Essensverabreichung während des später durchgeführten Klageverfahrens streitig waren. In der Dokumentation hieß es dazu, dass der Patient im Sessel gesessen habe und nicht ansprechbar gewesen sei, wobei eine angebissene Scheibe Brot auf der Brust (Hemd) liege, der Becher Kaffee sei heruntergefallen. Der Patient hatte noch Brotreste im Mund, die entfernt wurden. Der Patient wurde sodann ins Bett gelegt, eine Herzdruckmassage wurde durchgeführt und er wurde intubiert. Infolge dieses Zwischenfalls litt der Patient unter einem sog. Apallischen Syndrom (sog. Wachkoma).

Ab jenem Zeitpunkt war er nicht mehr ansprechbar und es wurde eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Der Patient verstarb 13 Tage nach dem Zwischenfall. Für die Erbengemeinschaft machte ich ein Schmerzensgeld in Höhe von € 14.000,- für die 13-tägige Leidenszeit geltend und rügte ärztliche sowie pflegerische Versäumnisse und insbesondere ein Organisationsverschulden des Krankenhauses wegen falscher Essensverabreichung. Die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses zahlte im Vorfeld lediglich € 6.500,- auf die Beerdigungskosten und das Schmerzensgeld, weshalb ich im Juni 2009 Klage beim Landgericht Osnabrück eingereicht habe. Nachdem mehrere Schriftsätze gewechselt worden waren und das Landgericht Osnabrück ein im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens erstattetes Gutachten beigezogen hatte, wurde der Rechtsstreit durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

Die Beklagten erklärten sich auf Vorschlag des Gerichts damit einverstanden, einen weiteren Betrag in Höhe von € 8.000,- als Schmerzensgeld zu zahlen. In einem zuvor erlassenen Hinweisbeschluss hielt das Landgericht Osnabrück fest, dass die an etwaigen krankheitsbedingten Besonderheiten auszurichtende Ernährung eines Patienten zum Bereich der voll beherrschbaren Risiken zu rechnen sein wird. Es gehe daher zulasten der Beklagten, wenn nicht geklärt werden kann, wie es zur aller Voraussicht nach aus medizinischer Sicht zu beanstandenden Nahrungsaufnahme gekommen war. Es reiche insbesondere nicht aus, allgemeine organisatorische Maßnahmen bzgl. der Essensverteilung zur Entlastung der Beklagten anzuführen.

Hinsichtlich des Schmerzensgelds hielt das Landgericht Osnabrück fest, dass ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von € 14.000,- nicht übersetzt erscheine. Das Schmerzensgeld sei nicht deshalb geringer zu bemessen, weil es nicht dem Verletzten, sondern nach dessen Tod seinen Erben zugute komme. Das Gericht schlug der Beklagtenseite zudem vor, die Forderung in Höhe von weiteren € 8.000,- anzuerkennen, da die Beklagte in Ansehung einer zu erwägenden Beweislastumkehr wegen des voll beherrschbaren Verantwortungsbereichs den Entlastungsbeweis angesichts des bisherigen Sachvortrags nur schwer würde führen können. Damit konnte der Rechtsstreit bereits im März 2010 erfolgreich beendet werden (LG Osnabrück, 2 O 96/09).