Kurzkommentar zum "neuen" Patientenrechtegesetz, in Kraft getreten am 26.02.2013

Mit dem Patientenrechtegesetz sind die von der Rechtsprechung für einen Arzthaftungsprozess bereits seit Jahren / Jahrzehnten statuierten Rechtsprechungsgrundsätze in Gesetzesform gegossen worden. Die Regelungen finden sich in §§ 630 a ff. BGB und sind nun für den Rechtsuchenden zunächst einmal an kompakter Stelle aufzufinden. Entgegen den vollmundigen Ankündigungen des Gesetzgebers sind damit jedoch keine Verbesserungen für den durch eine mutmaßlich ärztliche Fehlbehandlung geschädigten Patienten verbunden. Es fehlen dringend benötigte Reformen, wie z. B.:

  • das Einsichtsrecht des Patienten in Dienstpläne, Bettenbelegungspläne (in anonymisierter Form), Operationspläne des Operationstages (in anonymisierter Form), Aufzeichnungen nach § 23 Infektionsschutzgesetz (in anonymisierter Form). Diese Krankenhausdaten und -abläufe sind für die Beurteilung etwa der einrichtungsbezogenen Patientenaufklärung oder etwaiger Hygienemängel im Krankenhaus von herausragender Bedeutung. Hier hat der Gesetzgeber den Patienten "im Regen stehen lassen".
  • prozessuale Rechte wie das Recht des Privatsachverständigen, eigene Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen zu stellen und daraus resultierend die Pflicht des Gerichts, den Privatsachverständigen auf Antrag der Partei zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme zu laden. Nur hierdurch würde eine Teilnahme des Privatsachverständigen am Gerichtstermin garantiert, da es immer noch Praxis einiger Gerichte ist, Anträge von Parteien auf Terminsverschiebung abzulehnen, wenn der eigene Privatsachverständige an dem anberaumten Termin verhindert ist. Pflicht des Tatrichters, bei mehreren Beklagten (natürliche Personen / beklagte Ärzte), diese getrennt voneinander anzuhören.
  • ein Verbot des Gesetzgebers an den Tatrichter, die Frage der hypothetischen Einwilligung und des plausiblen Entscheidungskonflikts quasi "von Amts wegen" durchzuprüfen, wenn sich die verklagte Arztseite nicht auf die hypothetische Einwilligung des Patienten berufen hat.
  • die Pflicht des Tatrichters, sich mit medizinischen Sachverständigengutachten kritisch auseinanderzusetzen und die vollständigen Krankenunterlagen von Amts wegen beizuziehen und auch zu lesen. Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, als sei dies nie der Fall. Bei einigen erstinstanzlichen Gerichten jedoch kommt es vor, dass die Krankenunterlagen zwar beigezogen, aber nicht selbst gelesen, sondern lediglich dem gerichtlichen Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden. Dies erschwert naturgemäß eine kritische Würdigung der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen.
  • die generelle Beweislastumkehr für die Kausalität zwischen ärztlichem Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden, sobald der ärztliche Behandlungsfehler feststeht. Derzeit gilt dies nur für den sog. groben ärztlichen Behandlungsfehler. Wenn Patientenklagen scheitern, liegt dies zumeist an dem fehlenden Kausalitätsnachweis, sodass der Gesetzgeber gut daran getan hätte, die generelle Beweislastumkehr einzuführen, wenn ihm tatsächlich daran gelegen gewesen wäre, die Rechtsstellung des mutmaßlich geschädigten Patienten zu verbessern.