Rechtswidrige und kontraindizierte Hämorrhoidenoperation

Im Jahr 2004 stellte meine Mandantin einen schmerzhaften Knoten im Analbereich fest. Im November 2005 überwies der behandelnde Gynäkologe sie deshalb in die Chirurgische Abteilung eines Krankenhauses mit der Diagnose eines Hämorrhoidalleidens. Der auch später verklagte Arzt legte nach einer kurzen körperlichen Inaugenscheinnahme sofort die durchzuführende Operation fest (Operation nach Longo). Die Schilderung meiner Mandantin, dass der Knoten weder jucke noch blute, ignorierte er, sondern übernahm im Wesentlichen die Diagnose eines Hämorrhoidalleidens. Die Operation fand noch im November 2005 statt. Mit Einsetzen der Verdauung nach dem operativen Eingriff traten sofort unerträgliche Schmerzen auf. In Minutenabständen musste meine Mandantin zur Toilette gehen, wobei sie trotz erheblichen Drangs keinen Stuhl absetzen konnte. Bereits im Krankenhaus verabreichte man ihr Muskelrelaxanzien, Laktose und Novalgin. Seit der Operation leidet sie sehr häufig unter Schmerzen beim Stuhlgang, weshalb sie nur noch gut verdauliche Kost, insbesondere Obst und viel Wasser zu sich nimmt. Im Zuge der Operation nach Longo trat eine schmerzhaft hypertrophierte Analpapille in hinterer Kommissur sowie eine Analrandthrombose auf. Zudem entwickelte sich postoperativ ein Analpolyp, der beim Stuhlgang heraustritt. Seit der Operation kann meine Mandantin bis heute den Darm nicht vollständig entleeren und ist permanent auf Klistiers angewiesen. Sie nimmt ständig Schmerzmittel ein und benutzt Diclac-Zäpfchen. Zudem leidet sie unter den postoperativ eingetretenen Nahteinziehungen und Vernarbungen, die ein reißendes Gefühl im Unterleib verursachen. Eine progrediente Inkontinenzsymptomatik verschärft das ganze Beschwerdebild.

Im Juni 2009 reichte ich Klage für meine Mandantin beim Landgericht Osnabrück ein mit dem Ziel, ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch € 40.000,-, sowie weiteren Schaden zu zahlen. Ich rügte insbesondere, dass der rein elektive Eingriff aus November 2005 nicht indiziert war und nicht lege artis erfolgte. Zudem erhob ich die Aufklärungsrüge, weil eine vollständige, dem medizinischen Standard entsprechende Aufklärung nicht erfolgte. Das Landgericht Osnabrück erhob Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Der viszeralchirurgische Fachgutachter kam zu dem Ergebnis, dass die Durchführung der Hämorrhoidopexie nach Longo von seiner technischen Ausführung her nicht lege artis und damit fehlerhaft war.

Auf Vorschlag des Landgerichts Osnabrück einigten sich die Parteien im Vergleichswege darauf, dass meine Mandantin zur Abgeltung der streitgegenständlichen Forderung einen Betrag in Höhe von € 25.000,- erhält. Dieser Vergleich wurde von allen Parteien des Rechtsstreits akzeptiert, sodass die rechtliche Angelegenheit mit einer Abfindungszahlung in Höhe von € 25.000,- im November 2010 beendet werden konnte (LG Osnabrück 2 O 1464/09).