Kein Recht auf Auskunft

Gericht: Bielefelder Klinik muss Liste über Krankenhauskeime nicht veröffentlichen

Von Christian Althoff.

Bielefeld (WB). Patienten haben nicht das Recht, Klinikaufzeichnungen über Krankenhauskeime einzusehen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm am Dienstag entschieden.

Die Richter bestätigten damit die Auffassung des Landgerichts Bielefeld, das schon In erster Instanz einen Auskunftsanspruch verneint hatte. Geklagt hatte die Witwe eines Mannes, der 2009 nach einer OP in einem Bielefelder Krankenhaus gestorben war - an einer Blutvergiftung. Die Witwe vermutet, Hygienemängel im Krankenhaus könnten die Ursache gewesen sein. Sie hatte deshalb Auskunft darüber verlangt. welche Krankenhauskeime damals in der Klinik existierten. Diese Angaben sollte ein Experte dann mit den Erregern vergleichen, an denen ihr Ehemann gestorben war. Das Ergebnis hätte möglicherweise die Grundlage einer Schmerzensgeldklage sein können.

Das Landgericht hatte entschieden, Patienten hätten keinen Auskunftsanspruch. Zwar müssen Kliniken seit mehr. als zehn Jahren über nosokomiale (im Krankenhaus erworbene) Infektionen Buch führen. Diese Aufzeichnungen müssten aber nur dem Gesundheitsamt auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Diese Auffassung hat der 26. Senat des OLG Hamm in dieser Woche bestätigt, ihre Begründung haben die Richter aber noch nicht veröffentlicht. Dr. Marion Rosenke, Fachanwältin für Medizinrecht aus Hallen (Kreis Gütersloh), hat die Witwe vor dem OLG vertreten. »Mein Eindruck war, dass sich die Richter sehr schwer damit tun, Daten anderer Patienten, selbst in anonymisierter Form zugänglich zu machen« Sie habe versucht, zu verdeutlichen, dass es letztlich um die Frage gehe, wie eine Klinik mit Keimen umgehe. »Immerhin gehen Experten davon aus, dass es jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern 1500 bis 4500 Todesfälle gibt, die mit besserer Hygiene vermeidbar gewesen wären.« Dadurch, dass Krankenhäuser Daten über Infektionen zurückhalten dürften, sei »keine Waffengleichheit gegeben«, sagte die Rechtsanwältin.

Die Witwe hat jetzt noch eine Chance: Sie kann das Krankenhaus verklagen und einfach behaupten, mangelnde Hygiene sei die Ursache der Blutvergiftung gewesen. In so einem Zivilprozess müsste das Krankenhaus dann seine Aufzeichnungen offenlegen. »Aber das kann ja wohl nicht der richtige Wog sein«, meint Dr. Rosenke.

Die Fachanwältin rät Patienten mit aufschiebbaren Operationen. sich vor der OP heim Aufklärungsgespräch mit dem Arzt ausdrücklich danach zu erkundigen, wie im Moment die Infektionslage auf der Station ist »Wenn die Klinik akute Probleme mit Erregern hat, sollte man sich überlegen, ob man den Eingriff nicht sicherheitshalber später vornehmen lässt«

Az: OLG I26 U 192/10