Behandlungsfehler in Gütersloh: 50.000,- Euro Schmerzensgeld wegen sekundärer Sterilität

In diesem Fall bestand bei einer jungen Familie, die schon ein gesundes Kind hatte, ein 2. Kinderwunsch. Bei einer gynäkologischen Untersuchung stellte die Frauenärztin bei der Ehefrau, meiner späteren Mandantin, einen Cervixpolypen fest und empfahl dessen Abtragung, weil dann die Bedingungen für eine Schwangerschaft besser seien. Im November 2012 vereinbarte meine Mandantin in einer Gütersloher Klinik einen Termin für eine Polypabtragung und begab sich dort für einen ambulanten Eingriff hin. Statt der vereinbarten Polypabtragung führte der Operateur allerdings eine Endometriumablatio (Gebärmutterschleimhautentfernung) durch. Durch diesen fehlerhaften Eingriff entstand eine sekundäre Sterilität, d. h. meine zu dem damaligen Zeitpunkt erst 30 Jahre alte Mandantin kann keine Kinder mehr zur Welt bringen. Ärztliche Versuche, die Gebärmutterschleimhaut wieder aufzubauen, schlugen fehl. Der vereitelte Kinderwunsch stellte auch eine enorme seelische Belastung für die Eltern dar; die Ehefrau suchte unter anderem professionelle psychologische Hilfe auf.

Im Rahmen der außergerichtlichen Schadenregulierung zahlte die Stadt Gütersloh lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,- Euro und lehnte weitere Zahlungen ab. Im Oktober 2013 erhob ich für meine Mandantin vor dem Landgericht Bielefeld eine Schmerzensgeldklage über 60.000,- Euro sowie für den Ehemann, der in den Schutzbereich des Behandlungsvertrages einbezogen ist, eine Schmerzensgeldklage über 40.000,- Euro. Das Landgericht Bielefeld hat ein medizinisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige bestätigte, dass der Eingriff vom November 2012 fehlerhaft durchgeführt wurde und stellte auch fest, dass – selbst, wenn es gelänge, die Gebärmutterschleimhaut wieder aufzubauen – jede nachfolgende Schwangerschaft eine Hochrisikoschwangerschaft sei. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung schlug das Landgericht Bielefeld den Parteien vor, den Rechtsstreit mit einer weiteren Schmerzensgeldzahlung zugunsten der Ehefrau in Höhe von 35.000,- zu beenden. Bzgl. des Ehemanns sei zwar zu Recht zu erwägen, dass dieser in den Behandlungsvertrag mit einbezogen sei mit der Folge, dass ihm ggf. ein eigener Schmerzensgeldanspruch zusteht. Die "eigene Betroffenheit" mit Krankheitswert war aus Sicht des Gerichts aber nicht gegeben, weil der Ehemann auch keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste. Der Vergleich kam auf Basis des Vorschlags des Landgerichts Bielefeld zustande, sodass meine Mandantin insgesamt ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,- Euro erhielt (Landgericht Bielefeld, 4 O 406/13).