27.01.2021 – Update zum Projekt #EAG


Verlässt die Stadtverwaltung von Halle / Westfalen den Boden der Rechtsstaatlichkeit?


Am 19./20.12.2020 erschien im Haller Kreisblatt auf der Lokalseite für Halle / Westfalen ein groß aufgemachter Artikel mit der Überschrift "Einlass nur bei Gefahr – Polizei und Ordnungsamt werden auch an den Feiertagen auf die Einhaltung der Corona-Schutzverordnung achten. Allerdings sind ihnen auch Grenzen gesetzt."

Ich möchte folgende Passagen aus dem Zeitungsbericht zitieren:

"Die Weihnachtsfeiertage werden in diesem Jahr sicherlich ruhiger als sonst. Mit Inkrafttreten der jüngsten Coronaschutzverordnung dürfen sich nur noch fünf Personen aus maximal zwei Haushalten treffen. Für die Weihnachtsfeiertage wird dies etwas gelockert, dann können sich maximal vier Personen aus anderen Haushalten zum Stammhausstand dazugesellen. Dabei muss es sich aber um den engsten Familienkreis wie Ehegatten, Geschwister, direkte Verwandte und deren Angehörige handeln. Sind nun also Kontrollen im privaten Bereich zu befürchten und steht möglicherweise nicht das Christkind, sondern der Mitarbeiter vom Ordnungsamt vor der Tür?"


Nach diesen einleitenden Worten der zwei Verfasser des Artikels kommt die Fachbereichsleiterin "Bürgerdienste" der Stadt Halle / Westfalen zu Wort:

"Im privaten Bereich sind dies keine rechtlichen Vorgaben, sondern Gebote. Wir können aufgrund der steigenden Zahlen immer wieder nur appellieren, sich auch zuhause an die Kontaktbeschränkungen zu halten. …" Insofern werde man auch nicht private Häuser oder Wohnungen kontrollieren. Ausgenommen von dieser Regelung seien aber Einzelfälle wie etwa größere Versammlungen, die den Charakter einer Party haben. "Dort würden wir einschreiten und wir dürften die privaten Räumlichkeiten in diesen Fällen auch betreten", erklärt …"

In dem Zeitungsbericht kommt sodann noch ein Rechtsanwalt zu Wort, der die Bedeutung der Unverletzlichkeit der Wohnung hervorhebt, dies aber – de iure korrekt – durch eine mögliche "Gefahr im Verzug" einschränkt. Wörtlich wird der Rechtsanwalt zitiert:

"Als eine solche Gefahr kann sicherlich auch ein massiver Verstoß der Corona-Regeln gelten. Dafür muss aber konkret etwas vorgefallen sein. … Grundsätzlich wird dafür ein gerichtlicher Durchsuchungsbeschluss benötigt." Allerdings dürfen, so erklärt der Jurist, weder Ordnungsamt noch Polizei an den Feiertagen in Form von Stichproben kontrollierend tätig werden. "Es braucht einen Hinweis von Nachbarn"


Zum krönenden Abschluss nach diesem Aufruf eines Rechtsanwalts zu Denunziantentum kommt nochmals die Fachbereichsleitern "Bürgerservice" der Stadt Halle / Westfalen zu Wort:

"Aber natürlich gibt es auch einige Unbelehrbare. Gegen diese Personen gehen wir selbstverständlich mit Ordnungswidrigkeitsverfahren und Strafverfahren konsequent vor."


Inhalt und Aufmachung des Artikels empfand ich in meiner Eigenschaft als Juristin irreführend, abgesehen von der sehr befremdlichen Zentralbotschaft, die dahin zielte, die Kernsubstanz menschlicher Gemeinschaft, das familiäre und soziale Miteinander, zu kriminalisieren. Den Titel "Einlass nur bei Gefahr" empfand ich fast schon als zynisch, denn Einlass gewährt man freiwillig und gerne (z.B. geladenen Gästen und Freunden), mit Sicherheit aber nicht ungebetenen Staatsbediensteten, die einem bis an den Sofatisch vorschreiben wollen, mit wem oder mit wem nicht man sich zu treffen oder eben nicht zu treffen habe. Korrekter Weise hätte die Überschrift des Zeitungsartikels "Gewaltsamer Zutritt nur bei Gefahr im Verzug" lauten müssen. Ich kontaktierte die Stadt Halle am 21.12.2020 mit folgender Email:

Sehr geehrte Frau ……… (Name entfernt),

in dem o.g. Zeitungsbericht werden Sie mit den Worten zitiert: „Im privaten Bereich sind dies keine rechtlichen Vorgaben, sondern Gebote.“

Weiterhin zur Ausnahme von der Regelung, dass man keine privaten Wohnungen oder Häuser kontrollieren werde: „Ausgenommen von dieser Regelung seien aber Einzelfälle wie etwa größere Versammlungen, die den Charakter einer Party haben. „Dort würden wir einschreiten und wir dürften die privaten Räumlichkeiten in diesen Fällen auch betreten.““

Mit diesen Erläuterungen wird der Eindruck erweckt, als würde die Corona-SchutzVO des Landes NRW (in der Fassung ab dem 16.12.20) Kontaktverbote und Mindestabstände im privaten Bereich (Artikel 13 GG) regeln. Nach meinem Verständnis regelt die VO aber ausschließlich den öffentlichen Raum. Bitte nennen Sie die Rechtsgrundlage, auf die Sie sich in diesem Zusammenhang berufen. Wie verhält es sich mit dem Richtervorbehalt gemäß Artikel 13 Abs. 2, 1. HS GG? Wie verhält es sich mit dem Bestimmtheitsgebot, wenn Sie von „Partycharakter“ sprechen? Wie lautet die Legaldefinition einer „Party“?

Die Formulierung, dass es sich nicht um rechtliche Vorgaben, sondern Gebote handeln würde, halte ich für irreführend. Denn bekanntlich statuieren Gebote eine gesetzliche Pflicht, in einer bestimmten Weise zu handeln. Gebote könnten erzwungen werden, was genau das Gegenteil einer fehlenden rechtlichen Vorgabe darstellt.

Losgelöst von der Beantwortung der vorgenannten Fragen möchte ich mit Ihnen in einen Austausch zu den wissenschaftlichen Grundlagen der Corona-Restriktionen treten, da diese nach meinen umfassenden, nunmehr neun Monate andauernden Recherchen nicht gegeben sind. Ich verfüge über unzählige Fachpublikationen, wobei ich im Moment lediglich zwei übersende sowie das Abmahnschreiben des Rechtsanwalts Dr. Fuellmich gegen den Virologen Christian Drosten. Aufgrund eigener Recherchen kann ich die Richtigkeit der Aussagen in dem Abmahnschreiben des Kollegen Dr. Fuellmich bestätigen. Würden Sie mit mir konform gehen, dass wir bei Fehlen der wissenschaftlichen Grundlagen der Corona-Restriktionen von staatlicher Willkür sprechen müssen? Die WHO hat übrigens schon im Herbst 2019 in einer eigenen Studie festgestellt, dass nicht-pharmazeutische Eindämmungsmaßnahmen auf das Ausbreitungsgeschehen keinen signifikanten Einfluss haben (vgl. etwa Artikel auf meiner Homepage vom 01.05.2020 zum Projekt #EAG).

Über eine kurzfristige Antwort freue ich mich, wünsche Ihnen aber bereits jetzt eine gesegnete Weihnacht und verbleibe einstweilen mit freundlichen Grüßen.

Dr. Marion Rosenke

RECHTSANWÄLTIN
Fachanwältin für Medizinrecht
Kättkenstr. 10
33790 Halle / Westf.
Tel. 05201 / 3096
Fax 05201 / 6404
www.dr-rosenke.de


Auf eine kurzfristige Beantwortung meiner Fragen wartete ich vergeblich, weshalb ich am 30.12.2020 bei der Fachbereichsleiterin anrief. Diese besaß tatsächlich die Unverfrorenheit, mir zu sagen, dass sie angesichts der Vielzahl der Emails nicht wüsste, ob sie meine Email überhaupt beantworten würde. Nach Protest hiergegen sowie weiterem Wortwechsel sagte sie eine Beantwortung zu. Meine Frage nach den Anlagen beschied sie mit den Worten, dass sie diese nicht gelesen hätte und auch nicht beabsichtigen würde, diese zu lesen!

Am 07.01.2021 ging folgende Email ein:

Sehr geehrte Frau Dr. Rosenke,

die zu dem Zeitpunkt Ihrer Email einschlägige CoronaSchVO hat den öffentlichen Raum geregelt. Hier waren Eingriffe in den privaten Raum selbstverständlich nur bei Gefahr im Verzug möglich. Dies insbesondere bei größeren Zusammenkünften, die einen Partycharakter haben (Partys sind in diesem Zusammenhang ein unbestimmter Rechtsbegriff und die Gegebenheiten mussten im Einzelfall betrachtet werden). Glücklicherweise ist dies in Halle noch nicht vorgekommen.

Wie Sie sicherlich auch weiteren Presseinformationen von uns entnommen haben, haben wir im Bereich von privaten Treffen an die Bürgerinnen und Bürgern appelliert.

Für einen wissenschaftlichen Austausch ist die Ordnungsbehörde der falsche Ansprechpartner – insofern kann und werde ich nicht in einen Diskurs mit Ihnen zu diesem Thema gehen können. Bitte haben Sie dafür Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
………………. (Name entfernt)
-Fachbereichsleitung-

Stadt Halle (Westf.)
Der Bürgermeister
Fachbereich 2 Bürgerdienste
Rathaus I, Ravensberger Straße 1
33790 Halle (Westf.)

Tel.: 05201 ……………. (teilweise entfernt)
Fax: 05201 ……………. (teilweise entfernt)
Mail: …………………… (entfernt)
www.hallewestfalen.de


Diese Antwort ist nicht ausreichend. Aber immerhin wird klargestellt, dass die seinerzeit geltende CoronaSchVO ausschließlich den öffentlichen Raum regelte! Auf den Richtervorbehalt für Wohnungsdurchsuchungen und dessen Voraussetzungen geht die Fachbereichsleiterin "Bürgerservice" nicht ein; eine Konkretisierung des nicht legaldefinierten Begriffs "Party" bleibt aus. Es darf hierbei aber angenommen werden, dass auch bei der Stadtverwaltung bekannt sein sollte, dass Grundrechtseingriffe auf Basis unbestimmter Rechtsbegriffe per se nicht in Betracht kommen. Artikel 80 Abs. 1 S. 1, 2 GG lautet:

"Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden."


Vor allem aber ist die nun auch schriftlich abgegebene Weigerung, sich mit den wissenschaftlichen Grundlagen der "Corona-Krise" zu befassen, als klarer Rechtsbruch mit den Wertungen des Grundgesetzes aufzufassen. Artikel 20 Abs. 3 GG lautet:

"Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden."


Die vollziehende Gewalt, hierzu zählen auch die Stadt- und Gemeindeverwaltungen, sind an das Gesetz gebunden. An oberster Stelle unseres Rechtsstaats steht das Grundgesetz. Somit haben die Stadtverwaltungen natürlich auch die Vorgaben des Grundgesetzes zu beachten! Noch deutlicher heißt es in Artikel 1 Abs. 3 GG:

"Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht."


Die Stadtverwaltung von Halle / Westfalen hat somit die im Grundgesetz verankerten Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht zu beachten. Mit diesem auch aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Prüfungsmaßstab ist untrennbar auch die Prüfung verbunden, ob sich staatliches Handeln auf objektiv-neutraler, evidenzbasierter und in diesem Sinne naturwissenschaftlich begründbarer Tatsachengrundlage stützen kann. Die Weigerung, eine derartige Prüfung vorzunehmen, fasse ich als Rechtsverweigerung auf. Das sollten wir uns nicht bieten lassen und einen wissenschaftlichen Diskus einfordern. Abgesehen davon ist es unzähligen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern möglich – ich schätze diesen Anteil auf mehrere Millionen Menschen –, trotz der medialen und politischen Panikmache die tatsächlichen Grundlagen der ausgerufenen Corona-Pandemie rational zu überprüfen, sodass damit auch nichts Unmögliches abverlangt wird.

Auch bei den Juristen regt sich Widerstand; auf das bahnbrechende Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 11.01.2021 (6 OWi – 523 Js 202518/20) sei verwiesen:

Urteil Amtsgerichts Weimar vom 11.01.2021

Ein deutscher Richter hat Ende Dezember 2020 eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, deren Lektüre ebenfalls erhellend ist:

PDF folgt ggf. in Kürze

Er rügt auf knapp 200 Seiten die materielle Verfassungswidrigkeit der (dort angegriffenen) Coronaschutzverordnungen und führt auf Seite 188 zur Menschenwürde wie folgt aus:

"Alle Menschen, die für sich entscheiden, eine Infektion mit dem Virus hinzunehmen, werden gegen ihren Willen den genannten Zwangsmaßnahmen unterworfen. Damit sollen andere Menschen geschützt werden, die sich zumeist selbst hinreichend schützen könnten oder bei denen ein Strategiewechsel hin zum priorisierten Schutz der Risikogruppen zielführend wäre. Wenn allerdings etwa 65 Millionen Menschen in eine Art – bitte verzeihen Sie den Ausdruck, aber so fühlt es sich für mich an – "Geiselhaft" genommen werden, welche durch weniger einschneidende Maßnahmen vermeidbar ist, werden diese Menschen instrumentalisiert. Sie werden zum Objekt herabgewürdigt, weil es nicht mehr auf ihren eigenen Willen und sie als Mensch ankommt, sondern in ihnen nur noch eine Gefahr für das System und für andere Menschen gesehen wird. Jedenfalls in der Kumulation mit dem vorgenannten Umstand des Schürens von Panik ist daher gegenüber diesen Menschen, und dazu gehöre auch ich, von einer Verletzung der Menschenwürde auszugehen."


Dem ist nichts weiter hinzuzufügen. Dem schließe ich mich vollumfänglich an.

Abschließend sei für diejenigen, die sich näher mit dem Richtervorbehalt bei Wohnungs- / Hausdurchsuchungen befassen wollen, auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.02.2001 (BVerfGE 103, 142) verwiesen:
Urteil Bundesverfassungsgericht vom 20.02.2001