Fehlgeschlagene Nierentransplantation

In diesem, bei dem Landgericht Münster anhängig gewesenen Verfahren, habe ich eine gesetzliche Krankenkasse vertreten, bei deren Versicherten (im folgenden: Patienten) seit September 2003 eine Nierenerkrankung bekannt war. Es handelte sich um eine sog. rapid progressive glomerulonephritis, weshalb der Patient ab Mai 2007 auf der Transplantationswarteliste geführt wurde. Am 02.07.2007 wurde über Eurotransplant für diesen Patienten die linke Niere eines am 01.07.2007 in Brüssel nach einem Schädel-Hirn-Trauma aufgenommenen und in den Morgenstunden des 02.07.2007 verstorbenen 41-jährigen Patienten zur Transplantation angeboten. Auf der Spenderniere befand sich eine Zyste.

Der Versicherte meiner Mandantin wurde am Vormittag des 02.07.2007 in einer Klinik in Münster aufgenommen und in den frühen Morgenstunden des 03.07.2007 operiert. Über den auffälligen Befund an der Spenderniere in Form der Zyste informierte man ihn nicht. Die Zyste wurde intraoperativ entfernt und nachher pathologisch untersucht. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen bösartigen Tumor handelte. Dieser war aber im Gesunden entfernt worden, d. h. es befand sich kein bösartiges Gewebe mehr in der Spenderniere. Der Patient ließ gleichwohl die Niere sofort wieder explantieren.

Im Oktober 2011 habe ich für die gesetzliche Krankenversicherung Klage vor dem Landgericht Münster erhoben. Es wurden diejenigen Kosten bei der Klinik und den behandelnden Ärzten geltend gemacht, die nicht entstanden wären, wenn man den Patienten vor der Transplantation auf die Zyste an der Niere hingewiesen hätte. In diesem Fall hätte er sich die Niere nämlich nicht transplantieren lassen. Bei diesen vermeidbaren Kosten handelte es sich um einen Betrag in Höhe von € 25.133,41. Klinik und Ärzte verteidigten sich im Wesentlichen damit, dass der Patient auch dann in die Transplantation der Niere eingewilligt hätte, wenn man ihn auf die zystische Struktur an der Niere aufmerksam gemacht hätte. Sie stellten damit in Abrede, dass sich der Patient in einem plausiblen Entscheidungskonflikt befunden habe.

Das Landgericht Münster hat ein medizinisches Gutachten durch einen Transplantationschirurgen erstatten lassen und den Sachverständigen auch mündlich angehört. Dieser bestätigte, dass bei einer zystischen Struktur auf einer Niere ein bösartiger Tumor nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann und dass man dies mit dem Patienten erörtern muss. Obwohl der Tumor im Gesunden entfernt wurde, bestand ein geringfügig erhöhtes Risiko, dass dadurch ein Tumor auf den Patienten übertragen würde.

Angesichts dieser Umstände sprach Vieles dafür, dass sich der Patient die Spenderniere von Anfang an nicht hätte transplantieren lassen. Dementsprechend wären die Kosten, die eingeklagt wurden, tatsächlich nicht entstanden. Das Landgericht Münster schlug den Parteien des Rechtsstreits deshalb einen Vergleich über 2/3 der Klageforderung vor. Klägerin und Beklagte haben diesen Vergleich angenommen, sodass meine Mandantin im Mai 2014 einen Betrag in Höhe von € 16.755,60 auf die geltend gemachten Kosten erhielt (Landgericht Münster, 111 O 134/11).