Pseudarthrose nach Scaphoidfraktur
Nach einem Sturz aus Dezember 2005 wurde bei meinem Mandanten eine Scaphoidfraktur der rechten Handwurzel sowie eine Calcaneusfraktur links diagnostiziert. Die Operation der Handwurzelfraktur fand noch im Dezember 2005 in Form einer offenen Reposition mit Schraubenosteosynthese des Scaphoids statt. Die ambulante Anschlussbehandlung erfolgte durch einen niedergelassenen Arzt. Am 20.02.2006 fand bei diesem Arzt die letzte Vorstellung statt, wobei zwischen den Parteien des späteren Rechtsstreits streitig war, ob anlässlich dieser letzten Vorstellung ein Hinweis auf einen Kontrolltermin erfolgte. Mein Mandant trug vor, dass ein solcher Hinweis nicht erfolgte, im Gegenteil vielmehr der Arzt sagte, dass er nicht mehr wiederzukommen bräuchte. Unstreitig war auf dem letzten, an jenem Tag gefertigten Röntgenbild der Bruchspalt noch andeutungsweise darstellbar.
Im Frühjahr 2007 stellten sich Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks ein. Mein Mandant litt unter Bewegungseinschränkungen, dauerhaften, verschieden starken Schmerzen und unter Wetterfühligkeit. Im Juli 2007 diagnostizierte ein anderer niedergelassener Arzt eine Pseudarthrose (Falschgelenk) mit Verdacht auf Osteonekrose des Os naviculare. Im November 2007 stellte sich mein Mandant in der MHH vor, wo man anhand einer Röntgenaufnahme eine deutliche Fehlstellung des Lunatums rechts und weiterhin die Pseudarthrose im mittleren Drittel erkannte. Im Februar 2008 kam es zur operativen Resektion der Pseudarthrose mit Implantation eines Beckenkammspans. Gleichzeitig nahm man eine Teildenervierung des radialen Handgelenks nach Wilhelm vor. Trotzdem persistierten bei meinem Mandanten starke Schmerzen, eine Bewegungsbeeinträchtigung sowie schmerzhafte Wetterfühligkeit im rechten Handgelenk. Sportlichen Tätigkeiten, die er zuvor ausübte, kann er nicht mehr nachgehen. Dazu zählen Wurfsportarten im Allgemeinen und Badminton im Besonderen. Außerdem kann er nicht mehr Fußballtorwart sein und auch nicht mehr im Fitnessstudio trainieren. Vor dem Landgericht Bielefeld erhob ich deshalb Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes mit einer Mindestvorstellung von € 9.000,- und beantragte gleichzeitig, die Ersatzpflicht für weitere künftige Schäden festzustellen.
Insbesondere habe ich gegen den Arzt, der am 20.02.2006 meinen Mandanten ohne besonderen Hinweis entließ, die Rüge erhoben, dass er keinen Termin für eine Wiedervorstellung gegeben hatte. Es handelt sich hierbei um die Frage der therapeutischen Aufklärung / Sicherungsaufklärung als typischen Unterfall des ärztlichen Behandlungsfehlers. Hierunter versteht man die zur Sicherstellung des Behandlungserfolgs notwendige Erteilung von Schutz- und Warnhinweisen zur Mitwirkung an der Heilung und zur Vermeidung möglicher Selbstgefährdung. Insbesondere zählt hierzu auch die Vereinbarung eines Termins zur Wiedervorstellung, der unabhängig von einer Beurteilung des Befunds durch den Patienten selbst ist, verbunden mit einem verständlichen und klaren Hinweis auf die Bedeutung für die Gesundheit des Patienten.
In dem Verfahren konnte mein Mandant erfolgreich und nachweisbar die Rüge einer nachträglichen Manipulation der Krankendokumentation erheben und noch vor Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbreitete das Landgericht Bielefeld den Vorschlag, dass mein Mandant eine Abfindungszahlung in Höhe von € 8.000,- zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits erhält. Damit erklärten sich alle Prozessbeteiligten einverstanden, sodass die Angelegenheit im Februar 2011 beendet werden konnte (LG Bielefeld 4 O 504/09).